1.X-tended
Von Menschen, Maschinen, Avataren und anderen interessanten Rechenoperationen
Medienkunst aus Österreich. Eine Ausstellungsserie »in progress«.
Vernissage
Samstag, 20. Oktober 2007, 18.00 Uhr
Begrüßung
ÖkRat Bgm. Johann Kurzbauer
Eröffnung
Mag. Carl Aigner (Direktor des Niederösterreichischen Landesmuseums St. Pölten)
Im Anschluß daran, ca. 19 Uhr
Musikalische Performance – Livekonzert
Günther Albrecht (SynthSax, Synthesizer) mit Visuals von
Beate Albrecht
Fotografie: © Heliane Wiesauer-Reiterer
Ausstellungskonzept
Bei dieser Ausstellung favorisieren wir bewusst inhaltliche und ästhetische Konzeptionen, bei denen KünstlerInnen ihre intellektuellen und praktischen Fähigkeiten einem individuellen Gestaltungswillen unterordnen und ihr Bewußtsein, ihr Können, ihren Körper, die Selektivität ihrer Wahrnehmung von Raum und Zeit ganz der Eigendynamik ihrer Produktion unterwerfen.
Österreich ist – aufgrund der Abwesenheit von namhaften Entwicklern und Produzenten von innovativer Hardware und damit von außeruniversitären Zugängen zu entsprechend ausgestatteten Gratis-High-Tech-Produktionsstätten und -mitteln – seit je ein typisches Low-Tech-Entwicklungsland auch für Künstler. Dieser (auf den ersten Blick nicht auzugleichender) Nachteil bietet aber überraschenderweise eine Chance, die österreichische Medienkünstler traditionell auf geniale Weise genützt haben und nach wie vor nützen: Medienhard- und Software ist nicht neutral, sondern prägt, je nach Qualität mehr oder weniger, auch formal/ästhetisch und u.U. sogar inhaltlich. Diese (künstlerische Absichten neutralisierende) Prägung kann letztlich nur vermieden werden, wenn auch Produktions-Hard- und Software selbst entwickelt werden. Auch deshalb – neben einer nachweislich sehr eigenständigen österreichischen Position zur Medienkunst – strahlen österreichische Medienkunst-Produktionen etwas Besonderes aus. Diese Produktionsweise, die Zeugnisse spannender Ko-Konstruktionen oder bewusster Spurensuche zwischen künstlerischer Intention und technischer Innovation auf einer noch vom Künstler selbst überschaubaren und selbst handlebaren technologischen Ebene hervorbringt, interessiert uns – eventuell in Verbindung mit klassischen bildnerischen Techniken – auch hier.
Ausstellungsort
Als Folge der modernen weltweiten Vernetzung und den daraus resultierenden neuen Publikations- und Zugriffsmöglichkeiten verliert der geografische Ort von Kunstproduktion wie -rezeption zunehmend an Bedeutung und Kunst im allgemeinen wird zwangsläufig immer weniger von lokalen Traditionen und immer mehr von Einflüssen »aus aller Welt« (deren ursprünglicher Entstehungsort nicht selten gar nicht mehr zu identifizieren ist) geprägt und kann nicht mehr nur als ein in nationale oder gar lokale Kulturen eingebettetes Phänomen behandelt werden.
Als Nebenschauplatz der transmedialen interdisziplinären Präsentationen wird sich zwangsläufig eine Auseinandersetzung auch mit den Funktionen öffentlicher Räume und ihrer Eignung zum Ort einer gesellschaftlich-außeralltäglichen Kommunikation und der Wahrnehmung bzw. Konfrontation von/mit zeitgenössischer Kunst ergeben. Die Unterschiede zwischen urbanem Leben und dem Leben in der ›Provinz‹, die Problematik beim Aufeinandertreffen von Jung und Alt oder Tradition und Innovation sind Themen, die naturgemäß alle Projekte als Hintergrundrauschen begleiten werden und theoretisch und dokumentarisch in den begleitenden Veranstaltungen aufgearbeitet werden müssen, stellen aber selbst nicht das Zentralthema der künstlerischen Projektprogrammatik dar.
GRAF+ZYX © 2007
Eine kurze Vorgeschichte
und ein fröhlicher Abschied von Egon S.
GRAF+ZYX 2007
Die Stadt Neulengbach hat sich vor einigen Jahren dazu entschlossen, ihrem historischen Konnex mit zeitgenössischer Kunst in zweierlei Hinsicht Rechnung zu tragen:
Erstens stellt sie sich auf bemerkenswerte Art der Tatsache, dass Egon Schiele eine Zeit lang hier gelebt und gearbeitet hat, aber auch aufgrund seiner Arbeit im Gefängnis gesessen ist, und würdigt seinen künstlerischen Stellenwert und seinen Status als Avantgardist, indem sie ihm ein jährlich durchgeführtes Festival widmet.
Zweitens steht Neulengbach zur Erkenntnis, dass ein jedenfalls unverzichtbarer Bestandteil des Kulturlebens einer Stadt mit überregionalem Ehrgeiz eben die konsequente Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst ist.
2006, im Zug unserer Beteiligung am disziplinär erweiterten SCHIELEFESTIVAL 2006 Neulengbach, lernten wir die Aufgeschlossenheit der Stadt auch zeitgenössischer bildender Kunst gegenüber näher kennen und es entstand die Idee, diese Chance zur Etablierung des Bereichs der bildenden Kunst, der uns seit je am meisten am Herz liegt - der audiovisuellen Medien-, Computer- und Netzkunst - auch außerhalb Wiens zu ergreifen. Der :[KV-N] wurde gegründet, X-tended und visionXsound:[KV-N] konzipiert.
Ursprünglich war geplant, im ersten Jahr noch auf der Beschäftigung mit dem Phänomen Schiele aufzubauen und diese Thematik nach und nach zu erweitern und letztlich zu verlassen, im konkreten Planungsverlauf hat uns aber ein gütiges Schicksal sehr bald dazu animiert, diesen Schritt in die Ultramoderne radikal vom ersten Moment an zu tun: Schiele ist schließlich tot und Porno sowieso ein schlapper Hut, also lebe die Medienkunst.
Der nun in diesem Zusammenhang zum letzten Mal erwähnte Name Egon Schieles wäre ohnehin nicht mehr und nicht weniger als die hochkarätige Markierung des Anfangspunkts aller unserer Aktivitäten im Projekt gewesen, über den - als monodisziplinären Vertreter einer »klassischen« Kategorie der bildenden Kunst - wir in der Folge programmatisch sofort auf vielfache Weise hinausgegangen wären:
1. In der bildenden Kunst im Sinn einer Erweiterung [x-tension], indem wir in das Feld der künstlerischen Auseinandersetzung und Interpretation – beginnend bei der Fotografie über die audivisuellen Medien bis zur Computer- und Netzkunst im Internet – alle neuen Medien einbringen.
2. In der Kunstvermittlung, indem wir, ausgehend von der Künstlerperson des beginnenden 20. Jahrhunderts, ihrem unmittelbaren künstlerischen und kulturellen Umfeld und ihren kunstästhetischen Beziehungen, sozusagen die Kunst und Kunsttheorie dieser Zeit beleuchten, um dann über das klassische Künstlerbild hinaus im Vergleich auf Ähnlichkeiten und/oder Unterschiede in der Ausbildungs- und Arbeitssituation damaliger und zeitgenössischer Künstler 100 Jahre später überzuleiten.
3. Im Bereich des Gesellschaftlich-Sozialen und (Kultur)politischen, indem wir über den nach wie vor durchaus auch moralisch heftig diskutierten Begriff der Pornografie in der Kunst hinaus auf die heute wie damals vorhandenen Vorurteile und Haltungen der jeweils zeitgenössischen Kunst und ihren Vertretern gegenüber eingehen.
4. Territorial, indem wir der Tatsache Rechnung tragen, dass als Folge der modernen, weltweiten Vernetzung und den daraus resultierenden neuen Publikations- und Zugriffsmöglichkeiten der geografische Ort von Kunstproduktion wie -rezeption zunehmend an Bedeutung verliert und Kunst im allgemeinen zwangsläufig immer weniger von lokalen Traditionen und immer mehr von Einflüssen »aus aller Welt« (deren ursprünglicher Entstehungsort nicht selten gar nicht mehr zu identifizieren ist) geprägt wird und daher auch nicht mehr als in nationale oder gar lokale Kulturen eingebettetes, sondern als universales Phänomen behandelt werden muss ...